Meine erste Begegnung mit Ottokar Uhl kam eigentlich gar nicht
zustande. Ich wollte mich nach dem Vordiplom nach einer neuen Uni umsehen. So tingelte ich mit meinem klapprigen Peugeot durch Deutschland und stand auch irgendwann in Karlsruhe, schlenderte durch das
Architekturgebäude, sah eine Lehrstuhltür, ging rein. Und vor mir stand - Frau Zachrau. Alle waren super gestresst gerade, irgendein russischer Professor mit merkwürdigen Vorlieben für
Autobahntoiletten, wie mir Herr Professor Uhl im Nachhinein berichtete, war zu Besuch. Herr Professor Uhl war gerade mit dem Russen unterwegs, dieser konnte kein Englisch, Herr Uhl kein Russisch - also
beste Vorraussetzung für eine entspannte Konversation.
Trotz der Hektik ging es im Lehrstuhl sehr familiär zu, nach 1-2
Stunden mit Frau Zachrau kannte sie meine halbe Lebensgeschichte.
Am nächsten Tag kam ich wieder, half ein wenig beim Übersetzen hier und
da. Herr Professor Uhl war auch da. Für ihn war es scheinbar selbstverständlich, dass irgend jemand Wildfremdes plötzlich im Lehrstuhl mithilft.
Monate später wurde eine Hilfsassistentenstelle am Lehrstuhl
ausgeschrieben, ich bewarb mich, führte ein sehr entspanntes Einstellungsgespräch mit Frau Zachrau. Danach rief sie mich an, sagte, Herr Professor Uhl müsse mich schließlich auch einmal kennen lernen.
Als ich ihm dann gegenübertrat, war sein einziger Kommentar: `Ach Sie sind das. Ich hatte mich eigentlich für jemand Anderes entschieden, aber meine Damen haben sich durchgesetzt.`
Ich war damals sofort von der offenen Art von Herrn Professor Uhl
begeistert. Ich blieb insgesamt ca. 3 Jahre im Lehrstuhl, habe viel mehr über Architektur gelernt, ohne je Architektur zu machen.
Bei Ottokar Uhl bekam das Wort ‚interdisziplinär’ eine ganz neue
Dimension. Hier wurde das fachübergreifende, allumfassende Behandeln von Themen geradezu vorgelebt, auch in der Besetzung des Lehrstuhls.
Meine Zeit im Lehrstuhl war sehr schön, Donnerstag morgens die
Lehrstuhlbesprechungen mit gemeinsamem Frühstück, unvergessen die Lehrstuhl-Wandertage, unsere Zeitung DIALOG, die Diplomvorstellungen mit anschließendem Fest.
Herr Professor Uhl hat mich in meiner Uni-Zeit am meisten begleitet.
Mein Diplom habe ich bei ihm gemacht, wer sonst hätte wohl einen Schrottplatz als Diplomthema angenommen?
Er war mein Lehrer, nein, er ist es immer noch.
Ich wünsche ihm und seiner Familie gesundheitlich alles Gute und ein rauschendes Fest.
Jörg Usinger
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