Freudsche Psychoanalyse

 


Prä-ödipale psychische Entwicklungsstufen
Das späte prä-ödipale Selbst oder: Die Welt als Zitze

Der rechtsextreme Gewalttäter

 

Der rechtsextreme Gewalttäter als gewissenloser, triebhafter Mensch

Wenn ein Autofahrer von der Straße abkommt und gegen einen Baum prallt, kann dies verschiedene Ursachen haben: Eis auf der Fahrbahn, abgefahrene Reifen, versagende Bremsen, ein unkonzentrierter oder von der Sonne geblendeter Fahrer, möglicherweise auch ein betrunkener Fahrer. Und ebensowenig, wie wir als Erklärung für diesen Unfall akzeptieren würden, der nun beschädigte Baum sei die Ursache dafür, daß das Auto gegen ihn geprallt sei, genausowenig überzeugt uns die heutzutage weit verbreitete und oft diskutierte Meinung, die Ursache für rechstextreme Gewalttaten sei das Vorhandensein ihrer Opfer, also von Asylbewerbern, Ausländern, Juden, Türken usw. Es gibt keine ernstzunehmenden Gründe für den Hass auf diese Bevölkerungsgruppen.

"Was sich in den Zustimmungsbekundungen, wenn auch in völlig unvertretbarer Form, geäußert hat, ist nicht Rechtsradikalismus, Ausländerfeindlichkeit oder gar Rassismus, sondern dervollauf berechtigte Unmut über den Massenmißbrauch des Asylrechts...", war der Kommentar zu Pogromen gegen Ausländer von Berlins Innensenator Heckelmann (CDU).(Schlimm, schlimmer..., Die Zeit: 16.10.92, S.4) So klammert sich der Schiffer endlich noch am Felsen fest, an dem er scheitern sollte.

Psychoanalytisch gesehen ließe sich ein rechtsextremer Gewalttäter gleichsetzen mit einem Auto, dessen Bremsen nicht funktionieren und dessen Fahrer Lust an aggressiver Fahrweise verspürt. Die Lust an der aggressiven Fahrweise entspricht der Triebhaftigkeit, die ungehemmt wirken kann, weil keine Bremsen da sind, d.h. weil das Gewissen fehlt, das innerpsychisch als Bremse für die Triebe fungiert.

Warum die Triebhaftigkeit dieser Menschen im Vergleich zu anderen so groß ist und warum ihnen das Gewissen (wenigstens zu erheblichem Teil) fehlt, werde ich in Kapitel III dieses Buches näher ausführen.

Die überschießende Triebhaftigkeit findet ihren Ausdruck, indem sie verletzt, was mehr oder minder zufällig neben der Strasse steht.

Aus diesem bildhaften Vergleich läßt sich natürlich nicht folgern, welche Maßnahmen gegen rechtsextremistische Gewalt ergriffen werden können, nur will ich schon einmal andeuten, daß diese Maßnahmen ganz ähnlich denen sind, die man gegen einen aggressiven Autofahrer anwenden würde, nämlich konsequente Androhung, Verhängung und Durchführung von empfindlichen und schmerzhaften Strafen. Denn: Jemandem ohne Gewissen kann man nicht ins Gewissen reden.

"Wie in einem Rausch von Brutalität begannen in Eberswalde am 25. November 1990 Jugendliche aus der rechten Szene - Skinheads und sogenannte Heavy Metals - mit Pöbeleien und Plünderung. Dann klirrten Autoscheiben, Reifen wurden zerstochen. Unter Parolen wie `Deutschland den Deutschen` machten die 16- bis 20jährigen schließlich Jagd auf Ausländer. Zwei Afrikaner wurden durch Schläge und Messerstiche verletzt, der 28jährige Angolaner Amadeu Antonio zu Tode geschlagen und getreten. Ein Mädchen, das gefragt wird, ob ihr ein Menschenleben egal sei, antwortet: `Bei Negern, ja.` Ein anderer Zeuge: `Das Leben eines Schwarzen bedeutet mir nichts.`"(DPA bas187 3 pl 343 vvvvb dpa 173)

Die Maßnahmen zur Verhinderung von rechtsextremistischen Gewalttaten sind aus der zutreffenden Erklärung ihrer Ursachen abzuleiten; werden jedoch irrtümlicherweise nur die enthemmenden Begleitumstände, wie z.B. Arbeitslosigkeit, Sinnverlust, Orientierungslosigkeit, Wertvakuum der Jugend,

Suche nach neuen Idealen, Versäumnisse der Jugendpolitik, fehlende Freizeitklubs, soziale Angst, Mangel an Milupa-Babynahrung in der frühen Kindheit, steiler Fußweg zur Schule, Wasseradern, elektromagnetische Wellen, ungünstige Sternzeichen, extensive Selbstbefriedigung u.ä. als wesentlich und entschuldigend für das Begehen rechtsextremistischer Gewalttaten angesehen, werden die daraus gefolgerten Maßnahmen lediglich vertuschende Wirkung haben.

Man wird auch das Waldsterben nicht aufhalten können, wenn man lediglich den Borkenkäfer bekämpft, der als Begleitumstand zwar in schädlicher Häufigkeit auftritt, jedoch nicht ursächlich beteiligt ist. Wirksame Maßnahmen gegen das Waldsterben müssen beim sauren Regen ansetzen, denn sonst wird man einen langen, mühevollen und letztlich aussichtslosen Kampf beginnen.

Der Mensch ist nicht nur das, wozu ihn die Umstände machen, er ist vor allem das, was er aus den Umständen macht.

 

Der rechtsextreme Gewalttäter

Unbewußt nimmt der rechtsradikale Gewalttäter aus Angst an, er würde sich einem Angriff von Haß, sadistischer Ausbeutung und Verfolgung durch den Vater Staat und dessen "Pflegekinder", die Ausländer, aussetzen, wenn er diesen nicht ständig abwehren würde. Offensichtlich jedoch schreibt der rechtsradikale Gewalttäter dem Vater Staat seinen eigenen Haß und Sadismus zu, was die enge Verbundenheit zwischen Verfolger und Verfolgtem, Sadisten und Masochisten zeigt. Denn all dies bezieht sich letztendlich auf die sadistische, frustrierende, quälende Mutter und das hilflose, gelähmte Kind, die einstmals eine Einheit bildeten. Was der rechtsradikale Gewalttäter inszeniert, stellt im Grunde eine zwischenmenschliche Beziehung zwischen Verfolger und Opfer dar, wobei er sich abwechselnd mit diesen Rollen identifiziert und die jeweils andere Rolle dem Vater Staat zuschreibt. Für den Rechtsradikalen gibt es nur die beiden Alternativen Opfer oder Tyrann, deshalb sieht er sich in der Demokratie als Opfer und fühlt sich in der Tyrannei wohl. Der Neid auf das Humane ist eigentlich die Unfähigkeit, das Humane zu ertragen, das ohne brutale Aggressivität auskommt und das in der Phantasie des Rechtsradikalen absichtlich die brutale Aggression zurückhält, mit deren Hilfe er sich so gerne Lust verschafft.

Ob als Opfer oder als Tyrann - er fühlt sich verstrickt in eine masochistische oder sadistische Beziehung, ganz ebenso wie als kleines Kind in der Beziehung zu seiner Mutter; und die Aggressivität, die er als Opfer zu verspüren meint (und die doch eigentlich seine eigene ist) und die er als Tyrann ausleben kann, ist das Mittel, eine von seinem sexuellen Trieb gesuchte Beziehung zu schaffen und auf Dauer aufrechtzuerhalten. Der Rechtsradikale spürt den intensiven Drang, die Bindung an die gehaßte Mutter aufrechtzuerhalten, in der er dieses Schema gelernt hat und die ihn immer wieder auf dieses Schema zurückführt.

Es ist eine sexuelle Aggressivität, die im Rechtsextremen eine innere Haltung schafft: Wen ich hasse, den fresse ich auf.

 

 

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This document was updated 13.06.98.
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