Brigitte Seebacher-Brandt sah in Ernst
Nolte den "bedeutenden Denker und grossen
Anreger". Bei einer genaueren Betrachtung der neurechten
Intelligenzija fuehrt kein Weg an
Nolte vorbei. Nolte kommt zu einer Rehabilitierung
von Autoren, die im Sinne der hiesigen
Gesetzespraxis bis vor kurzem als Straftaeter gegolten
haetten: "Mithin konnte die (...)
These nicht mehr als unsinnig oder boesartig zurueckgewiesen
werden, es habe die
Endloesung als ideologisch begruendete Massenextermination
nie gegeben und selbst das
Zugrundegehen von Hunderttausenden in Lagern und
Ghettos oder durch die Gewehre der
Einsatzgruppen muesse im Zusammenhang mit Erfordernissen
und gewiss exzessiven
Wuenschbarkeiten der Kriegsfuehrung gesehen werden."
"Die Ueberzeugung, dass ,die
Juden die Urheber des Bolschewismus seien, war nicht
nur bei Hitler und Himmler, bei
Goebbels und Heydrich ganz aufrichtig, sondern auch
in grossen Teilen der Wehrmacht, der
fuehrenden Schicht und des Volkes. Der Vernichtungswille
resultierte aus
Vernichtungsfurcht, ganz wie der Vernichtungswille
der Bolschewiki zu einem guten Teil aus
der Vernichtungsfurcht entstanden war." Und so gilt,
dass Ernst Nolte nicht nur wie in seinen
Arbeiten zu Heidegger die Entscheidung fuer Hitler
im Jahr 1933 als verstaendlich und
vernuenftig ausweist, sondern auch dem Antisemitismus
Rationalitaet zubilligt. Diesen nun
doch erheblichen Vorwurf zu belegen, ist ein laengeres
Zitat unumgaenglich: "Man braucht
nur die Erinnerungen von Chaim Weizmann oder Nahum
Goldmann zu lesen, um zu
erkennen, wie wenig die Juden sich selbst mit Quaekern
oder Amish gleichsetzen. Wenn
das Selbstverstaendnis, das ,Licht der Voelker',
das ,Volk Gottes' oder auch eine
,kraeftigere Rasse' zu sein, richtig oder bloss
aufrichtig ist, dann ist verbreitete Feindschaft
eine unumgaengliche Konsequenz, und zwar gerade
die Feindschaft der Dumpfen, der
einfachen Menschen, der Nichtintellektuellen. Wenn
dieses Selbstverstaendnis jedoch nur
aufrichtig, aber in der Realitaet mit banalen Eigenschaften
wie Egoismus und Machtwillen
verknuepft ist, dann ist auch die Feindschaft nicht
ohne Recht, und die unterschiedslose
Stigmatisierung des ,Antisemitismus' muss als blosses,
wenngleich erstaunlich
erfolgreiches Kampfmittel gelten." Nolte ist: der
erste deutsche, einigermassen
renommierte Gelehrte, der sowohl den Antisemitismus
als auch den Holocaust nicht nur
"versteht", sondern offen rechtfertigt. Mit dieser
Rechtfertigung kann Nolte endlich eine
Begruendung vorlegen, warum man wie etwa sein Lehrer
Heidegger mit gutem Recht von
der "Groesse" des Nationalsozialismus sprechen koenne.
Im Unterschied zu Heidegger
jedoch, der dem Nationalsozialismus 1935, ohne Kenntnis
des Holocaust, "Groesse"
zusprach, verwendet Nolte gerade den Holocaust als
Beweis fuer diese "Groesse". Um
dieser Pointe willen ist er dann sogar dazu bereit,
dem, was gemeinhin als Archipel Gulag
und Stalinismus bezeichnet wird, ebenfalls "Groesse"
zuzubilligen: "Aber wer die Untaten
des Nationalsozialismus nicht als spaete und angestrengte
Gegenzuege zu der
urspruenglicheren und genuineren Groesse und Tragik
des Bolschewismus erkennen will,
der macht sich von der Geschichte des 20. Jahrhunderts
ein grobverzerrtes Bild." Sind wir
tatsaechlich wieder so weit, dass offener Antisemitismus
und Akzeptanz des
Nationalsozialismus von Teilen der konservativen
und liberalen Intelligenz bejaht oder
mindestens hingenommen wird? Man wird diesen Stimmen
hoffentlich nicht unterstellen
duerfen, mit Nolte der Meinung zu sein, dass "dem
Nationalsozialismus nicht nur
verzweifelter Widerstand gegen eine uebermaechtige
Weltentwicklung, sondern auch die
Antizipation von positiven Moeglichkeiten der Zukunft
zuzuschreiben" sei. |