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B.R.O.T. Beten,
Reden, Offensein, Teilen
Ein Dach über dem Kopf ist zu wenig
Daß es einen Unterschied
zwischen Wohnen und Wohnen gibt, zeigt die Gemeinschaft „B.R.O.T." in Wien
17. Alte und Junge, Kranke und Gesunde, Alleinstehende und Familien teilen
dort Freud und Leid. Von Veronika Slupetzky.
„Das Schöne hier ist, daß
es keine Anonymität gibt. Das Miteinanderleben steht im Vordergrund
wir feiern gemeinsam Feste, Messen, machen Ausflüge", erzählt
Walter Oppl, von Beruf Programmierer. Er lebt seit dem Beginn vor mehr
als neun Jahren mit seiner Familie im Wohnhaus der „Gemeinschaft B.R.O.T.".
B.R.O.T. ist die Abkürzung für Beten, Reden, Offensein, Teilen
alles Anliegen, nach denen hier gelebt wird. „Ich kann mich durch
die christliche Basis der Gemeinschaft ein Stück mehr auf die Leute
verlassen. Es ist mehr Vertrauen und mehr Verbindlichkeit da", betont Elisabeth
Hellmich, eine alleinstehende Pensionistin.
Dieses außergewöhnliche
Wohnhaus befindet sich in der Geblergasse im 17. Wiener Gemeindebezirk
auf einem 2200 Quadratmeter großen Grundstück der Pfarre Hernals.
Einige Pfarrmitglieder hatten die Idee, eine besondere Wohngemeinschaft
zu gründen, die ein „Miteinanderleben" ermöglicht, ohne die Intimsphäre
der Menschen zu verletzen. Nach und nach fanden sich genügend Interessierte,
die ein derartiges Projekt verwirklichen wollten. Gemeinsam gründeten
sie die „Gemeinschaft B.R.O.T.", mit dem Ziel, durch gemeinschaftliches
Wohnen auch soziale Dienste zu erbringen. Mit dem Architekten Ottokar Uhl
und seinem Team wurde 1986 mit der Planung des geförderten Wohnheimes
begonnen.
„Wir haben uns für die Rechtsform ,Wohnheim' entschieden, weil unserem
Verständnis nach keiner Eigentum erwerben sollte. Das entspricht mehr
der Kernidee von B.R.O.T.", erklärt der technische Angestellte Karl
Tiefenbacher. Kosten und Risken wurden von der Gemeinschaft getragen
es hat sich gelohnt: Am 9. September 1990 segnete der damalige Hernalser
Pfarrer Johann Koller das neuerrichtete Haus und seine rund 60 Bewohner.
„Jeder kennt hier jeden, die Bewohner
duzen einander es ist einfach ein wunderschönes Wohnen. Es gibt
viele fröhliche Kinder, aber auch wir Älteren sind gut integriert.
Ich brauche nur jemanden anzurufen, wenn ich etwas nicht schaffe, und fragen:
Kannst du mir die Einkaufstasche in die Wohnung tragen? Es ist immer wer
da, der hilft", schwärmt die betagte Pensionistin Katharina Goldschmidt.
Maria Matern, Mutter zweier Kinder,
kann ihr nur beipflichten: „Babysitterprobleme gibt es bei uns nicht, schlimmstenfalls
wird das Babyphon beim Nachbarn angesteckt." Wird einmal jemand krank,
kann er sich darauf verlassen, daß ihm Medikamente geholt werden
oder für ihn eingekauft wird. Und probiert einer im Haus ein neues
Backrezept aus, läßt die Kostprobe nicht lange auf sich warten!
Daß Kommunikation eine große
Rolle in der Gemeinschaft spielt, zeigt schon das offene und einladende
Stiegenhaus mit den breiten Gängen und großen Fenstern. „Hier
spielen die Kinder, zugleich ist es unser Wäscheplatz, und überall
stehen bunte Blumenstöcke herum. Es ist ein wichtiger zusätzlicher
Kommunikationsraum", erzählt Marie-Theres Schramm, Mutter von vier
Kindern. Zudem gibt es noch zwei große Gemeinschaftsräume, einer
davon mit kleiner Küche, dem sogenannten „Café", einen Turnsaal,
eine Kapelle und einen großen Garten „Ein Paradies für
Kinder", schwärmt Oppl.
„Es ist hier aber nicht nur Idylle, es ist eher ein Angebot und eine Chance.
Man lernt die eigenen Bedürfnisse und die der anderen wahrzunehmen",
hat Hellmich in den vergangenen Jahren festgestellt. Daß das auch
zu Problemen führen kann, ist klar. So gibt es unterschiedliche Meinungen
über Lärm und Sauberkeit im Haus.
Auch wenn sich einer von gemeinsamen
Aktivitäten ausgrenzt, ist mitunter Toleranz gefordert. Da wird die
Wohngemeinschaft erst richtig auf die Probe gestellt. Neben den 19 Mitgliederwohnungen
gibt es auch „Gästewohnungen". Hier werden in Not geratene Menschen,
Flüchtlinge oder Strafentlassene für eine begrenzte Zeit herzlich
aufgenommen. In diesem ungewöhnlichen Haus ist Integration kein Fremdwort.
Denn nur ein Dach über dem Kopf ist eindeutig zu wenig.
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