Zum 70-en von Professor Ottokar Uhl

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FALLSTUDIEN: LOKALE PARTNERSCHAFTEN

1.3.1.1 Verbesserung des Wohnungsumfelds: "Außenräume sind Lebensräume" Zürich 1986

1.3.1.2 Nachbarschaftshilfe: B.R.O.T. - Familienkloster Wien 1983-91

1.3.1.3 Stabilisierung und Verbesserung benachteiligter Quartiere durch Kooperationsnetze:

"Nachbesserungskonzept Bremen-Osterholz-Tenever" 1990-93

Verbesserung des Wohnungsumfelds (z.B. Hofbegrünung):

Freiraumentwicklung Zürich unter dem Motto "Außenräume sind Lebensräume". 1986- 1990, 1995- (noch nicht abgeschlossen).

Ausgangssituation

1986 wurden in Zürich "Problemgebiete mit besonders ungünstiger Freiraumversorgung identifiziert, einem Mangel, dem nur durch eine Vielzahl kleiner und kleinster Maßnahmen im öffentlichen und privaten Bereich begegnet werden kann".

Partizipatorischer Ansatz

Das partizipatorische Aufgabenverständnis verfolgte mit den Aktivitäten im Freiraum auch soziale und kulturelle Ziele: Alltagstauglichkeit der Außenräume, Identifikation und Eigenaktivitäten, Kontakt zwischen den Menschen, das Verständnis für ökologische Zusammenhänge im Quartier.

1988 gab es Pilotprojekte in 2 Stadtteilen: Oerlikon (ein siedlungsräumlich heterogener Vorort) und Hard (ein hochverdichtetes, innenstadtnahes Quartier). Unter der Koordination des Gartenbauamtes wurden Quartierteams von jeweils einem Freiraumplaner und einem Gemeinwesenarbeiter (Sozialwissenschaftler) gebildet. Dieser "Ansatz der zweiten Generation" zeigte dabei eine sehr fortgeschrittene Kombination verschiedener Beteiligungs- und Kooperationsformen: Präsenz vor Ort, aufsuchende Beratung, gezielte Berücksichtigung besonders benachteiligter oder auf Außenräume angewiesener Gruppen (Def.). Ein weiterer Merkmal war es, daß die Aufgabe den traditionellen Kompetenzbereich überschritt. Es ging auch um Arbeit und Beschäftigung, Sozialisation, Stadtteilkultur usw., weil es die Aufgabe auch als Wohnumfeldverbesserung verstanden wurde und gerade um die Entstehung lokaler Partnerschaften zu unterstützen. Die bauliche Veränderungen im Außenraum sind jedoch kleinteilig und bescheiden. Sie entwickelten sich aus dem Alltag der Bewohnern.

Auswirkungen

Die Pilotphase wurde 1990 abgeschlossen. Für die danach folgende Hauptphase sind zehn Jahre geplant: jeweils drei Projektbereiche, die für 3-5 Jahre parallel bearbeitet werden sollten. Wegen langwierigen, verwaltungsinternen Abstimmungen hat sich der Beginn der Hauptphase bis 1995 verzogen.

Vergleichbare ökologische Erneuerung eines Stadtquartiers ist der "Erste Nürnberger Ökozentrum" in Nürnberg-Gostenhof. Auch die Anwaltsplanung Hannover-Linden und der Verein Urbanes Wohnen in München arbeiten seit länger als 20 Jahren für die Erneuerung städtischer Quartiere durch Freiraumentwicklung. Der im Bereich Wohnumfeldverbesserung tätige Verein Urbanes Wohnen e.V. (Gemeinnütziger Bürgerverein zur Verbesserung des Wohnens in der Stadt) ist bundesweit durch seine Vorreiterrolle bei Hofbegrünungen im Münchener Stadtgebiet bekannt worden. Beispielhaft dafür ist auch das Nachbarschaftsbüro München-Haidhausen (1985; Stadtteilbüro ab 1974).

Alternative Wohnformen (z.B. Nachbarschaftshilfe):

Familienkloster Wien: B.R.O.T. 1983-1991. (18 Wohnungen. 40-130 qm und 5 Gästewohnungen).

Ausgangssituation

In der zweiten Hälfte der 70er Jahre entwickelten sich auf Anregung des Pfarrers in der Wiener Großstadtpfarrei Hernals kleine Gemeinschaften innerhalb der Gemeinde. Sie trafen sich regelmäßig unter dem Thema "Erneuerung von Mensch und Pfarrei aus dem Evangelium", wobei auch soziale Dienste in der Pfarrei übernommen wurden.

 In Mai 1983 entschieden sich etwa 60 Personen für die Nutzung der Pfarrliegenschaft in der Geblergasse in Hernals für ein "Familienkloster", um alternative soziale Netze auszuprobieren.

Architektonisches Konzept

Der Architekt O. Uhl wurde in Dezember 1983 als Verfechter der Mitbestimmung beim Planen und Bauen beauftragt. Das Projekt diente einer Forschungsaufgabe der IEF, um exaktere Aussagen über die Möglichkeiten und Grenzen neuer quartierbezogener Sozialsysteme (z.B. Nachbarschaftshilfe zur Entlastung des Sozialsystems öffentlicher Hand) zu erarbeiten und Folgerungen für die Sozial- und Bauqualität von Wohnquartieren zu formulieren.

 Baubeginn war im Sommer 1988. Das Haus wurde zwischen Sept. 1990 und Jan. 1991 bezogen. Sein Aussehen entspricht der Auffassung: "als hätte sie mehrere Bauherren" (Abb. 50-53).

Partizipatorischer Ansatz

Ziel dieses Modellprojektes war es, eine Art Nachbarschaftshilfe als "Reform der Herzen und Beziehungen" zu verwirklichen. Die "Kernfamilien" und Einzelpersonen führten ein intensives Gemeinschaftsleben, das aber die Intimsphäre der Person, der Ehe und der Familie respektiert. Außerdem wurden als Gäste ("Wohnen auf Zeit") benachteiligte Menschen integriert. Sie sollten mit den Möglichkeiten einer christlichen Spiritualität zur Selbsthilfe ermutigt und befähigt werden und dadurch die Lebensqualität im Umfeld steigern.

 Die Idee der Gemeinschaft als soziale Innovation zeigte sich schon in der Namensgebung (B.R.O.T.) Beten (gemeinsame Pflege und Förderung christlicher Ideen) - Reden (Gemeinschaftsorientierung) - Offensein (Toleranz) - Teilen (soziale Dienste). Primäre Bedeutung hatte das Thema Offensein, sichtbar in der Kontaktaufnahme mit neuen Mitgliedern. Am Informationsabend in November 1985 wurde das Thema Offensein durch Transparenz verdeutlicht: Die Wohnungen blieben für immer Eigentum der Pfarrei, die Wohnungsnutzung war an einem Mitgliedschaft gebunden.

 Der partizipative Planungsprozeß umfaßte: Lernprozeß für Bewußtseinförderung, Emanzipation, Auseinandersetzung mit persönlichen Zielen, Wünschen und Bedürfnissen, Umgang mit anderen Menschen (Kommunikation und Konfliktfähigkeit).

Auswirkungen

Heute ist das Mietshaus zu einem Wohnheim für 9 Familien, 10 Einzelpersonen (zwischen 30-88Jahren), 25 Kinder und Gäste geworden.

 In Deutschland wurde ein vergleichbarer soziologischer Ansatz im Modellprojekt "Integriertes Wohnen" in München Nymphenburg ´87 –´88 unter der soziologischen Beratung des Vereines Urbanes Wohnen realisiert. Ottokar Uhl plante für eine Bewohnergruppe mit unterschiedlichen Zielsetzungen, deren Kern auch schon in den 70er Jahren entstand, das Wohnprojekt "Wohnen mit Kindern" in Wien, Jenewein/Wiengasse.

Stabilisierung und Verbesserung benachteiligter Quartiere durch Kooperationsnetze (z. B. Freiraum und Beschäftigungspolitik):

Nachbesserungskonzept Bremen-Osterholz-Tenever, eine Großsiedlung der 70er Jahre. (2650 Wohnungen, 1992 7000 Einwohner) 1989-1993, 1993- (noch nicht abgeschlossen).

Die 2/3 Gesellschaft und die benachteiligten Stadtgebieten

Städte und Gesellschaften haben eine bestimmte Entwicklungsdynamik und -geschwindigkeit. Bestimmte Gruppen und Quartiere verfügen über eine geringere Dynamik und werden von der Gesamtentwicklung dadurch abgekoppelt. Sowohl "Modernisierungsgewinner" (München, Frankfurt am Main, Stuttgart) als auch die "Verlierer" (Duisburg, Saarbrücken, Bremen) haben steigende Zahlen an Sozialhilfeempfängern, Einkommensschwachen und Obdachlosen.

Ursachen sind die wirtschaftlichen Umstrukturierungen, kulturell-gesellschaftliche Veränderungen (Alleinerziehende Haushalte, Anonymisierung der Gesellschaft), politische Entscheidungen, Schwächen des Systems der sozialen Sicherung, wachsendes Ausmaß an internationalen Zuwanderungen, Marktprozesse (verschärfte Konkurrenz um gute Wohnungen).

Ein benachteiligtes Stadtgebiet ist ein Quartier, das durch die räumlich konzentrierte Erscheinung der sogenannten "neuen Armut" und sozialer Ausgrenzung gekennzeichnet ist. Solche Gebietstypen können innerstädtische Altbau- und Mischgebiete (Prototyp: Dortmund-Nordstadt), "Schlicht"-Wohnsiedlungen der 50er Jahre und, seit Mitte der 80er, Großsiedlungen der 60er und 70er Jahre sein (wie in diesem Beispiel).

Stadterneuerung ist in Deutschland (seit Inkrafttreten des StBauFG 1971) eine ausdrücklich baulich-physische Aufgabe: ein Quartier soll durch Sanierung soweit aufgewertet werden, bis marktvermittelte Prozesse die weitere "Aufwärtsentwicklung" übernehmen können. Sozialverantwortliche Strategien sollen aber die unverträglichen Auswirkungen ökonomischer Aufwertung vermeiden. Da bei niedrigem Einkommen und geringem Bildungsgrad die Bewohner auf ihre sozialen Netze angewiesen sind, sollte der soziale Ausgleich nicht eine "ausgewogene soziale Mischung" anstreben.

Die stark verstädterten Länder (Nordrhein-Westfalen und die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg) haben eine wesentlich ausgeprägtere Problemwahrnehmung als vergleichsweise geringer urbanisierte Länder. In einzelnen deutschen Bundesländern werden erst seit Ende der 80er Jahre entsprechende Ansätze entwickelt. Diese Strategien sind integriert, kooperativ und aktivierend zugleich.

Das neue Bild der Planung bezieht sich auch auf das Stadterneuerungsverständnis. Die Grundregeln, die für Modellbegriffe wie PPP oder urban management (Stadt als Unternehmer) entwickelt wurden, lassen sich auch auf die sogenannte "Dritte Stadt" übertragen.

ExWoSt übt allein direkte Betreuung lokaler Projekte durch die damit beauftragte Bundesanstalt aus und fördert Maßnahmen mit sozialem Bezug (zusätzliche Partizipationsangebote). In einzelnen Forschungsfeldern steht die Erneuerung von benachteiligten Quartieren im Vordergrund.

Ausgangssituation

1977 wurde der erste Bauabschnitt der Großsiedlung Bremen-Osterholz-Tenever abgeschlossen, als Demonstrativbauvorhaben des Bundesbauministeriums. Die bauliche Struktur, technische Mängel, Isolierung vom angrenzenden Stadtteil Osterholz, schlechte Anbindung an die Kernstadt, fehlende infrastrukturelle Ausstattungen (nur zwei Einkaufszentren), das anregungsarme und langweilige Wohnumfeld stellten negative Merkmale dar. Trotz der Anziehungskraft der überdurchschnittlich großen und gut ausgestatteten Wohnungen entwickelte sich die Siedlung bald zu einem Quartier "am Rande von Stadt und Gesellschaft", das von den einkommensstärkeren und mobileren Bevölkerungsgruppen verlassen wurde. Aufgrund dieser Spaltungs- und Ausgrenzungstendenzen hatten sich hier Bevölkerungsgruppen konzentriert, die ebenfalls in extrem benachteiligten Verhältnissen leben (geringes Einkommen, Familiengröße und Familienstand, Arbeitslosigkeit, Nationalität). Sie fanden Wohnbedingungen vor, die für mobile und konsumorientierte Vollbeschäftigte geplant wurden. Fehlende Aneignungs- und Handlungsmöglichkeiten erschwerten ihre Identifikation. Die Abwanderung anderer bedeutete eine zusätzliche Belastung: sie wurden als unfreiwillig "Zurückbleibende" gesehen. Die Adresse selbst wurde zum stigmatisierenden Faktor.

Die damit verbundenen sozialen Probleme und politische wie wirtschaftliche Folgekosten bedeuteten ein Alarmsignal für den Bremer Senat, der im September 1989 das Erneuerungsprogramm "Nachbesserungskonzept Bremen-Osterholz-Tenever" für eine Laufzeit von 5 Jahren in Auftrag gab. Ein Abriß wurde angesichts des vorhandenen positiven Potentials (Wohnungen, Freiflächen) abgelehnt. Da es sich hier um eine Vielzahl miteinander verbundener Probleme handelte, sollten sie in einem ganzheitlichen Konzept und in Zusammenarbeit möglichst aller Beteiligter bearbeitet werden.

Partizipatorisches Konzept

Ziel- und Maßnahmenkonzept war ein Katalog aus einzelnen "Bausteinen" wie Soziales, Kultur, Gewerbe, Bau, Städtebau, Naturraum, Freiflächen, Wohnungswirtschaft und -verwaltung. Das "Baukasten"-Prinzip" ist nicht nur offen für eine Veränderung von Prioritäten (Projekt Spielflächen statt Gestaltung von Frei- und Grünflächen) und zusätzlichen Einzelmaßnahmen, sondern auch für unterschiedliche Zielsetzungen und Problemdefinitionen (veränderten Rahmenbedingungen durch Wohnungsmangel statt Leerstände) der verschiedenen Akteure. Leitgedanken (Verbesserung der alltäglichen Wohn- und Lebenssituation der Bewohner in den Gebäuden, Wohnumfeld und Stadtteil) und Teilziele wurden zugrunde gelegt und erst später explizit allgemeine Ziele der Nachbesserung formuliert. Die Verbindlichkeit des Maßnahmenkonzepts entstand erst durch das Verfahren. Solche Maßnahmen waren: Wohnprojekte (Instandsetzung, Modernisierung und Wohnumfeldverbesserung), Reduzierung von Betriebskosten, Verbesserung und Ergänzung der Infrastruktur, Umgestaltung von Straßen- und Freiräumen, Kunst im öffentlichen Raum, bessere Anbindung des Quartiers (Buslinie, Fußwege), Quartiersergänzung mit Reihenhäusern im Süden. Im ursprünglichen Konzept wurde angestrebt, diese Maßnahmen mit Beschäftigungsansätzen für arbeitslose Bewohner des Gebietes zu verbinden, um auch deren soziale Lage zu verbessern. Dieses Problem kann aber nicht allein durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in räumlicher Nähe des Quartiers gelöst werden, Instrumente zum Abbau der Zugangsprobleme zum ersten Arbeitsmarkt müssen entwickelt werden.

Die Parallelität von Planung und Umsetzung führte zu einer offenen Handlungsstrategie. Die öffentliche Hand hat, mit den besonderen Handlungsvorteilen eines Stadtstaates, die Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Die Trägerschaft lag auf der Ebene der Senatsbehörden, kooperativ bei der Bauverwaltung und beim Sozialressort. Eine gebietsbezogene und ämterübergreifende Arbeitsgruppe begleitete unter der Leitung des Staatsrats des Bauressorts in den ersten zwei Jahren das Projekt und erstattete dem Senat Bericht. Für die konkrete Durchführung wurde eine Projektgruppe aus zwei Mitarbeitern der Verwaltung (Stadtplanerin, Sozialarbeiter) und einem freien Architekten als Planungsbeauftragtem gebildet. Ihre Aufgabe bezog sich auf das Projektmanagement: Sachbearbeitung und Begleitung von einzelnen Projekten, lokale Präsenz als Ansprechpartner, Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und Moderation der Zusammenarbeit verschiedener Akteure, Weiterentwicklung des Konzepts auf Basis der lokalen Diskussion. Der Senat hatte die Durchführung des Erneuerungsprogramms als Teil des politischen Schwerpunkts "Solidarisches Zusammenleben" beschlossen. Die Bewohner sollten sich trotz unterschiedlicher Problem- und Interessenlagen gemeinsam an Verbesserungsaktivitäten für das Quartier beteiligen.

Der Aufbau einer Bewohnerorganisation ("Stadtteilgruppe Tenever") war die erste finanzierte und fachlich unterstützte Maßnahme der Handlungsansätze. Dieses lokale Kooperationsgremium, in dem Bewohner, Verwaltung, Kommunalpolitik, soziale Dienste und Initiativen, Wohnungseigentümer bzw. Verwalter und Gewerbetreibende aus dem Quartier vertreten waren, tagte regelmäßig in öffentlichen Sitzungen mit der Geschäftsführung der Projektgruppe. Durch die öffentliche Selbstbindung der Verwaltung eröffnete das Entscheidungsprinzip der Stadtteilgruppe (der Konsens) für die Bewohner ein Vetorecht. Das formale Einverständnis der Bewohner war nötig, damit Städtebauförderungsmittel für den Stadtteil geplant wurden. Sie gingen sehr verantwortungsbewußt mit der Aufgabe und den ihnen eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten um. Der traditionelle Prozeß der Stadtplanung wurde umgekehrt: "Bewohnerplanungsgruppen" (Bewohner, Eigentümer und Planungsbeauftragte) entwickelten gemeinsam Wohnprojekte, die dann der Stadtteilgruppe vorgestellt wurden. Über die Projektgruppe wurden die lokalen Diskussionsergebnisse und Entscheidungen an die Fachverwaltungen und ausführenden Ämter zurückvermittelt. Durch die Förderung von nachbarschaftlichen Kontakten, Beteiligungsmöglichkeiten der Bewohner, gemeinschaftlichen Aktivitäten und Initiativen wurde ein größeres Selbstbewußtsein der Bewohner und damit die Veränderung der öffentlichen negativen Meinung über Tenever angestrebt. Die reale Einflußmöglichkeit und der prozeßhafte Charakter des Nachbesserungsverfahrens wurden zum Kristallisationspunkt für das Entstehen eines offenen Bewohnertreffs, der inzwischen eine eigenständige Rolle im Quartier einnimmt. Auch wenn nur ein kleiner Teil der Quartiersbewohner aktiv ist, sind durch die Kontakte im Alltag weitere Bewohner informiert und ihre Anliegen werden durch den Bewohnertreff mit vertreten (Territorialisierung).

Auswirkungen

Nach einem Konzept der Akteure wurde eine EG-Förderung für das Pilotprojekt "Regionale Entwicklungsagentur Tenever" (REAG) beantragt. Nach dem positiven Entschluß im Mai 1993 veränderte sich mit dem zusätzlichen Schwerpunkt "lokales Netzwerk" das Nachbesserungsprojekt zu einem umfassenden Quartiers-Entwicklungsprogramm.

Die in Osterholz-Tenever entwickelten informellen Verfahrensregeln und die kooperativen Organisationsstrukturen sind beispielhaft und innovativ. Hierbei handelt es um eines der wenigen deutschen Projekte, in dem versucht wird, über die Verknüpfung der städtebaulichen Nachbesserungsmaßnahmen mit Instrumenten der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und der Wirtschaftsförderung strukturelle Verbesserungen zu initiieren.

Andere Beispiele von Ansätzen lokaler Partnerschaften in Deutschland sind: "Gebietsbezogenes Handlungsprogramm zur Wohnumfeldverbesserung" in Nordrhein-Westfalen (Interministerielle Arbeitsgruppe für eine Politik für Gebiete mit besonderem Erneuerungsbedarf: in Bochum, Herne, Witten ab 1982 - Modellförderung Wohnumfeldverbesserung; Projektgruppe Dortmund-Nordstadt - Experiment in einem Gebiet mit besonderem Erneuerungsbedarf), zweijähriges Sofortprogramm in der Dresdener Äußeren Neustadt mit der Partnerstadt Hamburg (seit Mai 1992), Bürgerforum Düsseldorf-Garath-Süd/Ost (seit 1987), institutionalisierte Mietervertretung SAGA Hamburg-Kirchdorf-Süd (seit 1976; ab 1985 Pilotprojekt als Bestandteil der ExWoSt), Revitalisierungsprogramm Westliche Innenstadt Hamburg (Koordinierungs- und Planungsagentur Stadterneuerungsgesellschaft STEG), Pilotmaßnahmen im Rahmen des Konzeptes "Soziale Brennpunkte" Hamburg (seit 1980).

Zentralstaatliche Politik und Programme, um die komplexen Probleme benachteiligter Stadtquartiere durch die Förderung integrierter Handlungsansätze zu bekämpfen, existieren nur in drei europäischen Staaten: In den Niederlanden (seit 1985 "inClusion Association" /soziale und ökonomische Aspekte), in Frankreich (seit 1981 Développement Social Urbain /soziale Aspekte) und im Großbritannien (seit Ende der 70er Jahren City Challenge -Programm /ökonomische Aspekte). Obwohl die Erfahrungen mit Bewohnerbeteiligung in England und in Deutschland ähnlich sind (Minimalniveau von staatlicher Politik, Abhängigkeit der Entwicklung der Kooperationsstrukturen vom Engagement der Beteiligten) zeigt das Beispiel Bremen-Osterholz-Tenever mehr Ähnlichkeit mit der niederländischen Praxis. Diese bezieht sich auf die Intensität der Bewohnerbeteiligung: Die engagierten Bewohner übernehmen auch in der alltäglichen Verwaltung ihrer Quartiere wichtige Aufgaben.



 
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